Blindenführhundeschule Sabine Muschl

Wir wollen hier – im regelmäßigen Abständen – in- und ausländische Blindenführhundeschulen vorstellen.

Beginnen wollen wir mit der „Blindenführhundeschule Sabine Muschl“, die mit der Ausbildung unserer Führhündin Lea, die uns auch zu unseren Sensibilisierungsworkshops begleitet, gute Arbeit geleistet hat. Aber lassen wir Sabine Muschl sich selbst vorstellen:

Ich wurde 1962 in der schönen Steiermark geboren. Bereits im Alter von 15 Jahren bekam ich meinen ersten deutschen Schäferhund den ich erfolgreich in Fährte, Unterordnung und Schutzarbeit ausbildete. Mit 17 Jahren hatten wir bereits die IPO3, die höchste Schutzhundeprüfung und ich leitete die ersten eigenen Kurse in Unterordnung. Damals wurden Welpenkurse modern. Es wusste zwar niemand, wie man so was macht, aber das Lernen durch Versuch und Irrtum war immer meine Stärke.

So entwickelte ich einen eigenen Stil in der Ausbildung von Welpen und lernte sehr bald, wie wichtig das erste Jahr in der Hundeausbildung war, das man ursprünglich gar nicht beachtet hatte. Damals war es üblich, erst mit einem Jahr in einer Hundeschule aufzutauchen. Mein erworbenes Wissen stellte ich dann dem ÖGV (österreichischer Gebrauchshundesportverband) zur Verfügung, machte Seminare, erstellte Prüfungsunterlagen und wirkte bei der Abnahme der Kursleiter- und Trainerprüfungen in ganz Österreich mit.

Nach einigen weiteren Hunden wie Deutsche Schäferhunde, Chihuahua, Kaukasischer Owzarka, einer Mixhündin und einem Malteser bekam ich einen grauen Schäferhund mit dem ich die ganze Palette des Hundesports durchmachte. Wir legten sowohl im Schutzdienst als auch in Obedience, Fährte und als Begleithund die höchsten Prüfungen ab. Mittlerweile war ich, 1996, auch ÖKV-Leistungsrichterin für Schutz- und Gebrauchshunde geworden, danach kamen auch Breitensport und Obedience dazu. Das praktiziere ich heute noch.

Eines Tages entdeckte ich auf einem Flohmarkt ein Buch. Es hieß „DER BLINDENHUND“. Interessiert nahm ich es mit nach Hause und studierte es sehr aufmerksam. Danach hatte ich nur mehr einen Wunsch: irgendwann eines Tages würde ich einen Blindenführhund ausbilden wollen.

Und wie für alles im Leben gab es auch dafür den richtigen Zeitpunkt. Ich hatte mittlerweile eine Familie mit Mann und Tochter, für die ich bei ihrer Geburt meinen pragmatisierten Job bei den ÖBB aufgab und wir hatten auch immer wieder Hunde. Mit 40 Jahren bekam ich die sogenannte Midlifecrisis und lebte die auch gehörig aus. Ich bekam das Bedürfnis, selbständig zu werden. Von heute auf morgen gründete ich ein Tierbedarfgeschäft in Perchtoldsdorf, das sich LECKERLI nannte. Durch die vielen Kontakte in der Hundeszene gelang es mir, das Geschäft erfolgreich zu führen. Nach einem Jahr entdeckte ich, dass es eine große Marktlücke gab, nämlich Hundefriseure. Durch Zufall kam ich über einen meiner Lieferanten in einen italienischen Hundesalon, wo ich dann nebenbei eine Ausbildung begann und 2004 auch einen Hundesalon in Perchtoldsdorf eröffnete.

2005 verstarb mein Mann und ich hatte alle Hände voll zu tun, von heute auf morgen mit den beiden Geschäften, meiner damals 14 jährigen Tochter und drei Hunden alleine zurecht zu kommen. Aber nach meinem Motto: WAS MICH NICHT UMBRINGT MACHT MICH NUR STÄRKER schaffte ich den Einstieg in einen neuen Lebensabschnitt.

Eines Tages lernte ich in meinem Leckerli eine blinde Dame kennen, die einen Blindenführhund bekommen sollte und sich bei mir über die Ausrüstung für einen Hund informierte. Leider wurde der Hund auf den sie wartete nicht fertig ausgebildet und so fragte sie mich eines Tages, ob ich nicht einen Blindenführhund für sie ausbilden könnte.

Da mein heiß geliebter grauer Schäferhund PACO mich kurz nach dem Tod meines Mannes auch verlassen hatte, gab es in meinem Leben einige Löcher, die ich sinnvoll auffüllen wollte. Ich überlegte kurz und kam dann mit der Dame überein, dass ich für sie einen Königspudel suchen werde, den ich aber als Welpe haben möchte und wenn alles gut geht wird er eines Tages Führhund werden.

Und so kam ich zu Lea, mit der ich dann 2009 die Qualitätsprüfung vor der Kommission des Bundessozialamtes erfolgreich ablegen konnte. Die Arbeit mit diesem Pudel machte mir sehr große Freude, ich lernte sehr viel in der Zeit der Ausbildung kennen, probierte alles aus, was blinde Menschen betraf und konnte sie dadurch auch sehr praxisnahe trainieren. Ich investierte sehr viel Zeit und Geduld in diesen Hund und weiß heute, dass es sich gelohnt hat.

Mein Wunsch für die Zukunft wäre noch viele gut ausgebildete Führhunde an blinde Menschen vermitteln zu können, die den Wert dieser fantastischen Tiere auch wirklich zu schätzen wissen, die sie hegen und pflegen, wie es einem Hund zusteht und die in dem Tier auch einen Partner und nicht nur ein Hilfsmittel sehen.

In dem Buch DER BLINDENHUND fand ich eine Zeichnung von einem Trainingsgarten. Die faszinierte mich vom ersten Mal lesen an und ging mir nicht aus dem Kopf. Ich wusste genau, irgendwann eines Tages würde ich auch so einen Trainingsgarten haben wollen. Nach Leas Ausbildung bekam ich einen kleinen weißen Schäferhund. Nun wusste ich genau was in dieser Ausbildung alles verlangt war und ich entschloss mich in Zukunft zwei oder drei Hunde versetzt auszubilden. Dazu brauche ich aber viel Zeit. So entschied ich mich Ende 2009 das Leckerli zu schließen – ich war mittlerweile mit beiden Geschäften zu mir nach Hause übersiedelt, wo ich einen Hundesalon im Keller einrichtete. Diesen führe ich jetzt auch weiter. Mit Jänner 2010 habe ich ein Grundstück in Perchtoldsdorf gepachtet, wo ich meinen Lebenstraum jetzt erfüllen möchte. Es ist bereits eingezäunt und wird ein Trainingszentrum für Blindenführhunde, Servicehunde und Signalhunde werden.

Das wichtigste ist dabei für mich, dass behinderte Menschen dorthin kommen um einerseits unter fachlicher Hilfe Probleme, die sie mit ihren Hunden haben, wegtrainieren zu können und andererseits ihren Rehabilitationshunden kontrollierte Freizeit geben zu können. Es ist mir sehr wichtig, diesen Hunden einen Ort anbieten zu können, wo sie ohne Gefahren wie alle anderen normalen Hunde herumtollen und spielen können. Den Trainingsservice biete ich allerdings nur bereits geprüften Hunden an. Nicht geprüfte Hunde können gerne mit ihrem Trainer zu mir kommen und dort üben. Der „Trainingsgarten“ beinhaltet alles, was ein fertig ausgebildeter Blindenführhund können sollte. Ein 3m breiter Hauptweg wird rolligerecht konstruiert und kann auch für Treffen genutzt werden.

Ganz wichtig ist mir auch, dass behinderte Menschen auf diesem Trainingsplatz kostenlos trainieren können. Ich hoffe sehr, dass es nicht allzu lange dauern wird, bis dieses Trainingszentrum fertig ist und freue mich schon heute auf alle die mit ihren Hunden zu mir finden werden!

Ausbildung meiner Blindenführhunde

Alle von mir ausgebildeten Hunde kommen bereits im Alter von 9 Wochen zu mir ins Haus. Ich gebe keinen meiner Hunde in eine Patenfamilie, da jede Änderung der Bezugsperson Stress für den Hund bedeutet, den ich ihm nicht gönnen möchte, da er davon noch genug in seinem Leben bekommen wird. Von dem abgesehen kann ich Hunde die in Patenfamilien groß werden nie hundertprozentig kontrollieren bzw. kennenlernen. Bei Hunden die mit mir leben merke ich entstandene Fehler sofort und kann sie auch noch rechtzeitig korrigieren, sodass in der Regel nichts Schlimmeres passiert. Wenn sich mit einem Jahr herausstellt, dass der Hund gesund ist und in die Ausbildung gehen kann, kenne ich die Tiere bereits in- und auswendig, habe den Grundgehorsam abgeschlossen und kann sofort mit der „hohen Schule“ der Blindenführhundausbildung beginnen.

Meine Welpen leben bei mir, wie eigene Hunde. Die ersten beiden Tage bekommen sie, um sich bei mir einzugewöhnen viel Zeit und Ruhe. Meist kennen wir uns ja schon, denn ich besuche die Welpen regelmäßig ab der 5. Lebenswoche beim Züchter. Ab dem 3. Tag beginnt dann das „LERNEN“. Die Hunde bekommen das Leben im Rudel präsentiert – ich habe meist mehrere Hunde. In der Regel sind auch kleine Rassen in meinem Rudel, so gibt es mit der Sozialisierung keine Probleme. In der Lernphase halte ich die Hunde an der Flexi-Leine, sodass ich die ersten Reaktionen immer kontrollieren kann. Ich provoziere die verschiedenen, mir besonders wichtigen Dinge immer in kontrollierter Umgebung. Dazu gehören für mich das Herankommen aufs erste Rufen, das Kontaktaufnehmen, das Liegenbleiben wenn verlangt, so dass ich mich auch entfernen kann.

Die Grundkommandos lernen die Hunde ab dem 3. Tag vor der Futterschüssel. Nachdem Welpen ja 3x täglich gefüttert werden habe ich dazu genug Möglichkeiten. Zu den Übungen gehören: SITZ, PLATZ, STEH, FUSS (also Grundstellung), KEHRT, LINKS und RECHTS.

Mit 6 Monaten sind folgende Grundlagen bereits bekannt:

  • alles oben beschriebenen,
  • gehen an lockerer Leine,
  • Fussgehen auf ca. 5 Schritte Länge,
  • Stehenbleiben am Bord zur Strasse,
  • liegen in einem Lokal, während ich zum Buffet gehe,
  • Anziehen des Führgeschirres (ohne es zu schließen, nur reinschlüpfen),
  • Beisskorbtragen,
  • Tragen von Neoprenschuhen, wenn die Ausbildung im Winter erfolgt
  • Bringen von Gegenständen verschiedenster Materialien (Holz, Papier, Metall, Glas, …)

Die Verweigerung von Rolltreppen und Bahnsteigkanten beginnt auch in diesem Alter. Dabei nütze ich die noch vorhandene Vorsicht gegenüber fremden Dingen aus. Ab dem 6. Lebensmonat trainiere ich in einem Trainingsgeschirr, das anstatt des starren Bügels einen beweglichen Gurt hat. Erst lernt der Hund, ruhig neben mir zu stehen, danach das Anziehen des Geschirrs und die ersten Gehversuche. Geradeausgehen, links, rechts und kehrt sollte der Hund bis zu einem Jahr bereits können.

Ohne Geschirr werden dann Fahrten in den verschiednen öffentlichen Verkehrsmitteln, Verhalten in Einkaufszentren, größeren Menschenansammlungen und Besuche in Lokalen, Arztpraxen und sonstiges geübt. Wenn der Hund die Gesundenuntersuchung mit einem Jahr positiv hinter sich gebracht hat, beginnt das „richtige Training“ im Geschirr. Die Unterordnung sollte der Hund mit einem Jahr komplett beherrschen, dafür haben wir dann keine Zeit mehr. Die wird nur immer wiederholt.

Für mich ist in der Ausbildung das wichtigste, dass der Hund eine gute Bindung zu mir aufbaut. Diese ist dann die Basis für alles weitere. Ein Hund mit einer guten Bindung vertraut seinem Führer. So kann er lernen, in Situationen, die ihm eigentlich Angst einflössen, über das Vertrauen zu seinem Führer die nötige Sicherheit zu bekommen. Wo ich bin haben meine Hunde keine Angst. Sie orientieren sich an mir. Das kann sich dann bis zu einem Alter von ca. eineinhalb Jahren festigen und wenn sie später mal zu einem neuen Besitzer kommen sind sie schon so sicher, dass die Umstellung auch keine Probleme macht. Ich lasse die Hunde immer erst dann bei einem blinden Menschen, wenn ich sicher weiss, dass die beiden zusammenpassen, der Hund im Freilauf aufs erste Rufen kommt und ich den Ansatz einer Beziehung feststellen kann. Bis dahin nehme ich die Hunde nach jedem gemeinsamen Training wieder mit nach Hause. Der Grundgehorsam steht für mich an erster Stelle, ohne dem kommt der Hund nicht ins Führgeschirr.

Die Kastration der Hunde erfolgt bei mir bei Hündinnen mit einem Jahr, bei Rüden vor dem Qualitätsprüfungstermin, also mit 2 bis 2 ½ Jahren. So lange dauert in der Regel auch die Ausbildung der Hunde.

Wenn die Blindenführhunde ihre Arbeit getan haben und eines Tages in Pension gehen sollen, haben ihre Besitzer zwei Möglichkeiten: entweder behalten sie den Hund, bis er bei ihnen in die ewigen Jagdgründe geht oder sie geben ihn zu mir zurück und das Tier verbringt seinen Lebensabend wieder da, wo es aufgewachsen ist.

BLINDENFÜHRHUNDESCHULE Sabine Muschl
Pöllangraben 53
2345 Brunn am Gebirge
Tel: 0699/114 166 47
E-Mail:sabine[punkt]muschl[at]gmx[punkt]at