In der Welt gibt es viele Barrieren und es müssen nicht alle schlecht sein. Eine Barriere, die uns schützt, z. B. ein Hochwasserschutz oder sei es auch nur eine Tür oder ein Geländer, das uns vor einem Absturz bewahrt, sind sinnvolle und gewollte Barrieren.
Wenn es hingegen darum geht, dass Menschen an der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden, nur weil eine Barriere sie daran hindert – sei diese baulich, digital oder geistig – so muss es ein gesellschaftliches Anliegen sein an deren Beseitigung mitzuarbeiten.
Eine Beeinträchtigung wird erst dann zu einer Behinderung, wenn sie auf Barrieren trifft.
Ich bin blind. Das ist meine Beeinträchtigung und auch nichts Schlimmes. Ich kann einfach nichts sehen.
Wenn ich aber vor dem PC sitze (es gibt schon hervorragende Hilfsmittel, die blinden Menschen ein Arbeiten mit dem PC ermöglichen, in einem Onlineshop etwas bestellen will und bevor ich kostenpflichtig bestellen kann auf einen Captcha stoße, der mich anweist in ein Feld einzutragen, wie viele Kreuzungen auf diesem Bild zu sehen sind, dann wird meine Beeinträchtigung zur Behinderung. Wenn der dafür zuständige Webentwickler einen alternativen Captcha gewählt hätte, der es auch mir ermöglicht hätte kostenpflichtig zu bestellen, dann hätte ich den Bestellvorgang zu meiner und auch zur Zufriedenheit des Online-Ladens abschließen können.
Ich gehe davon aus, dass kein Webentwickler vor seinem Computer sitzt und sich ins Fäustchen lacht, weil sie oder er bewusst blinde Menschen am Einkaufen hindern will, sondern dies aus Unkenntnis geschieht.
Wir brauchen mutige, offene Menschen mit einer Beeinträchtigung, die sich ihr Recht nehmen, darum kämpfen und nicht alles andere tun lassen wollen.
Zuerst können wir die Verursacher*innen höflich darauf hinweisen, welches Problem wir mit dieser Barriere haben.
Die meisten reagieren offen und zeigen sich lösungsorientiert.
Einige Wenige reagieren gar nicht.
Geschieht längere Zeit gar nichts und werden auch die Barrieren nicht beseitigt, so hat uns der Gesetzgeber ein hervorragendes Hilfsmittel zur Seite gestellt.
Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, welches eine Schlichtung ermöglicht.
Dies ist der Versuch einer lösungsorientierten Einigung unter Vermittlung des zuständigen Sozialministeriumservice, indem die kontrahierenden Parteien zu einem Schlichtungsgespräch eingeladen werden.
Einigt man sich in diesem Gespräch auf die Beseitigung der Barriere, löst sich alles in Wohlgefallen auf und man muss sich als Schlichtungswerber*in die berechtigte Frage stellen warum der Schlichtungspartner nicht gleich reagiert hat.
Misslingt der Schlichtungsversuch, so hat die Schlichtungswerberin die Möglichkeit sein oder ihr Recht gerichtlich einzuklagen.
Seltsamerweise muss bei einem Misslingen der Schlichtung die Barriere nicht beseitigt werden und der Schlichtungspartner kann getrost auf die nächste Schlichtung warten.
Wir wären nicht in Österreich, wenn es nicht auch in diesem Gesetz ein Hintertürchen als Ausweg zur Vermeidung von „unnötigen“ Ausgaben für die Beseitigung von Barrieren gäbe: §6 regelt die Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der finanziellen Belastung, die mit der Beseitigung einer Barriere verbunden ist.
Dabei muss man als Schlichtungswerber*in auch die Verhältnismäßigkeit im Blick behalten: Ist der Schlichtungswerber ein Großkonzern, der es nicht auf die Reihe bekommt, z. B. seine Webseiten barrierefrei zu gestalten und der auch auf Mails nicht reagiert, in welchen er oder sie darauf hingewiesen wird, so ist dies nicht gerade kund*innenorientiert und ein typischer Fall für eine zukünftige Schlichtung und auch – bei einer misslungenen Schlichtung – ein Fall fürs Gericht.
Handelt es sich hingegen um einen kleinen Online-Shop so kann die Zumutbarkeit durchaus eine Rolle spielen.
Barrierefreies Webdesign ist keine Kunst und das Wissen und die Beseitigung von Barrieren stellt für den kundigen Webentwickler kein Problem dar.
Oft liegt der Wille, aber nicht das Wissen zu digitaler Barrierefreiheit vor, dann braucht es lediglich einige Gedankenanstöße. Zu empfehlen ist immer der Austausch mit Betroffenen.
Es sei noch auf §8 Abs. 3 hingewiesen, der Förderungen des Bundes an die Barrierefreiheit knüpfen würde.
Leider ist die Liste der Fälle endlos, in denen dagegen verstoßen wurde. Es sei des Weiteren abschließend auf die Aktion „Barriere:freie Unternehmen“ bei welcher die Herstellung von Barrierefreiheit bezuschusst wird.