Louis Braille, der Erfinder der sogenannten „Blindenschrift“, wurde am Mittwoch dem 4. Jänner 1809 in Coupvray bei Paris geboren. Im Alter von drei Jahren verletzte er sich beim Spielen, in der Sattlerwerkstätte seines Vaters, am Auge. Diese Wunde entzündete sich, wurde nicht behandelt und führte kurze Zeit darauf zur völligen Erblindung an beiden Augen. Er wurde zunächst im Alter von sieben Jahren an der Dorfschule eingeschult. Wurde aber mit zehn Jahren in das, 1784 von Valentin Haüy gegründete, „Königliche Institut für junge Blinde“ (frz.: „Institution Royale des Jeunes Aveugles“) in Paris aufgenommen.
An dem Institut fand der Unterricht meist mit verbalem Frontalunterricht statt. Zum Lesen und Schreiben wurde die Reliefschrift nach Haüy – ein tastbares (taktiles) Alphabet – verwendet. Bei diesem werden die Buchstaben mit einer eisernen Feder spiegelverkehrt in dickes Papier eingeritzt oder aus Draht geformt und eingedrückt. Um gut tastbar zu sein, war diese Reliefschrift zum einen deutlich größer als die Schwarzschrift (Schrift für sehende Menschen). Zum anderen war die Herstellung dieser Bücher sehr aufwendig, weshalb auch die Bibliothek der Bildungseinrichtung sehr überschaubar war. Der wissbegierige Louis hatte bald alles an verfügbarer Literatur gelesen.
Wie kam Braille auf dieses System?
Braille experimentierte, angetrieben vom Wunsch eine einfacher zu produzierende und zu lesende Schrift für blinde Menschen zu finden, in der Werkstätte seines Vaters mit verschiedenen aus Lederstückchen geschnittenen, geometrischen Figuren und wollte so ein brauchbares Alphabet schaffen. Diese Bemühungen gab er jedoch bald auf. Im April 1821 stellte Charles Barbier, ein Hauptmann der französischen Armee, eine von ihm erfundene Nachtschrift vor. Mit dieser konnten sich seine Soldaten Nachrichten auch im Dunkeln senden und lesen.
Worte wurden dabei in Lautschrift übersetzt und so als Code verwendet um kein Licht zu benötigen. Jeder (französische) Laut, insgesamt waren es 36 (z.B. „ian“, „un“ oder „ou“), erhielt ein eigenes Muster aus zwölf erhabenen Punkten. Deren Stellung zueinander machten ihre Bedeutung aus. Es gab weder Zahlen noch Satzzeichen. Das Verfahren eignete sich aufgrund der großen Punkte-Anzahl von 12 Punkten allerdings nur für kurze Mitteilungen. Angeregt durch diese Nachtschrift reduzierte Braille die Anzahl der Punkte auf sechs und erdachte ein System, in welcher jeder Buchstabe des Alphabets einer Kombination an tastbaren Punkten entspricht. Sozusagen „in einem Aufwasch“ erfand der leidenschaftliche Klavier- und Orgelspieler noch eine Notenschrift, welche auf seiner Schrift basierte und konnte diese 1828, inzwischen als Lehrer des Bildungsinstitutes, der Öffentlichkeit vorstellen.
Der Siegeszug einer Punktschrift
Eine offizielle Anerkennung für die Erfindung des 6-Punkte-Systems ließ allerdings noch lange auf sich warten. Sogar das Gegenteil war der Fall: Der damalige Direktor der Blindenschule verbot die neue Schrift mit der Begründung, dass sich blinde Menschen mit einer eigenen Schrift, die nur sie lesen könnten, zu sehr isolieren würden. Sogar Brailles inzwischen mühsam produzierte Bücher wurden daraufhin verbrannt. Seine SchülerInnen verwendeten das einfachere 6-Punkte System trotzdem weiter. Durch die eindeutige Leistungssteigerung der Kinder erkannte man den praktischen Nutzen der „Brailleschrift“ schließlich doch. Aber erst 1844, bei der Eröffnung eines neuen Blindenheimes, wurde die Schrift erstmals für den Unterricht zugelassen. Außerdem trieb der Bau der ersten Blindenschrift-Druckerpresse (1847) die Verbreitung unaufhaltsam voran. Im Jahr 1850, zwei Jahre vor Brailles Tod, wird sein Alphabet von der Pädagogische Akademie Frankreich offiziell anerkannt und in Paris eingeführt. Den internationalen Siegeszug seiner Erfindung erlebte er jedoch nicht mehr. Er starb am 6. Jänner 1852 in Paris an Tuberkulose.
Auf einem Kongress in Paris wurde 1878 die Braille-Schrift schließlich offiziell zur internationalen Methode für den Unterricht an Blindenschulen erklärt. Zu seinem 100. Todestag 1952 wurde Brailles Leichnam zur Würdigung seines Lebenswerkes exhumiert und im Pariser Panthéon (die „Ruhmeshalle“ Frankreichs) beigesetzt, lediglich seine Hände verblieben in Coupvray.