Schwarz-Weiss Foto von einem Army-Offizier der mit erhobender Hand vor einer Reihe Soldaten steht

Ironische Gebrauchsanleitung: Blinde und sehbehinderte Menschen

Mit dieser Gebrauchsanleitung kannst du, als sehende hilfswütige Person, Schritt für Schritt lernen wie du richtig mit blinden und sehbehinderten Menschen umgehen kannst. Nur keine Angst! Es ist wirklich einfach dieser homogenen Gruppe den Tag so richtig zu versüßen. Durch die folgenden Tipps und Ratschläge im Umgang mit blinden und sehbehinderten Personen kann eigentlich nichts mehr schiefgehen, oder?

Das Ausweichmanöver

Wenn du keine blinde oder sehbehinderte Person kennst, kannst du diese Gebrauchsanleitung eigentlich gleich wieder weglegen oder ignorieren, denn warum solltest ausgerechnet du einem fremden Menschen helfen? Jede/r ist sich doch selbst am nächsten! Solltest du dennoch weiterlesen, sei gewarnt: Vielleicht kommst auch du in die mühsame Lage zu helfen. Bestenfalls weichst du allen weißen Stöcken, Hunden mit Kennzeichnung und gelben Symbolen mit drei schwarzen Punkten großräumig aus. Damit minimierst du das Risiko!

Gefahren vermeiden

Jetzt ist es doch passiert, eine blinde Person ist in deiner Nähe. Denke jetzt wirklich genau darüber nach ob du nicht die Gelegenheit nutzen und noch schnell weglaufen möchtest – die Person ist ja schließlich blind und merkt das bestimmt nicht. Bedenke was du mit dieser wertvollen Zeit, die du mit Hilfsleistungen verschwendest, alles machen könntest! Solltest du dich allerdings doch dazu herablassen zu helfen, dann vermeide jeden Sprachkontakt. (Können die überhaupt reden…?) Das Einfachste ist, die Person fest am Arm, wahlweise auch am Blindenstock oder dem Rucksack, zu packen – man will sich ja nicht selbst verletzen oder anstecken – und die Person entweder zu schieben oder zu ziehen. Kommunikation könnte in diesem Fall nur dazu beitragen, dass du das eigentliche Ziel dieser blinden Person erfährst, damit verlierst du nur noch mehr Zeit. So allerdings kannst du sie einfach dort hin zerren wo es dir logisch erscheint. Wenn du an engen Stellen, wie beispielsweise Türen, vorbei kommst, dann schubse sie oder ihn mit einem kräftigen Stoß hindurch. Achtung: Es kann vorkommen dass manch erstaunte oder erschrockene Person deine großzügige Hilfe ablehnt. Dafür bereitest du am besten eine lange Liste mit den übelsten Beschimpfungen vor, die du ihr in so einem Fall an den Kopf werfen kannst.

Reden, nur nicht berühren

Willst du die Person nicht angreifen, dann kannst du sie auch von der Ferne lenken. Du musst zwar Kommunizieren, die Ansteckungsgefahr (wer weiß schon was „die“ haben) ist damit aber massiv reduziert. Stell dich in sicherem Abstand hin und gib Kommandos wie „dort unterschreiben“ oder „da ist die Haltestelle“. Achte aber darauf, dass du deine Stimme schonst. Wenn du zu laut rufst, könntest du einen kratzigen Hals bekommen und das ist es bestimmt nicht wert. Mit dieser Methode kannst du auch den umstehenden Leuten sehr eindrucksvoll zeigen, dass du dich gerade aufopferst.

Gefahrenzone Straße

Eine blinde Person in der Nähe eines Zebrastreifens oder einer Ampel will unter Garantie immer queren. Da die Straße eine besondere Gefahrenzone darstellt und blinde Menschen dort nicht alleine gehen können, solltest du ihn oder sie packen (wie unter „Gefahren vermeiden“ beschrieben) und über die Straße zerren oder schieben. Weise aber auf keinen Fall auf Hindernisse wie Randsteine oder Verkehrsinseln hin. Wenn ein Auto auf den Zebrastreifen zukommt oder die Ampel auf Rot umspringt, rennst du am besten schnell los, ohne etwas zu sagen. Das braucht nur Zeit und bringt dich in Gefahr. Wenn die blinde Person artikuliert, dass sie eigentlich doch nicht über die Straße möchte, dann lass sie einfach stehen, auch während dem überqueren. Wer undankbar ist, braucht auch keine Hilfe.

Rauf und Runter

Bei Treppen weise auf keinen Fall auf deren Beginn oder Ende hin. Wenn die einzelnen Stufen besonders hoch sind, brauchst du das natürlich auch nicht zu erwähnen. Bei Vorhandensein eines Fahrstuhls schiebe die Person lieber dort hin, Lifte sind nämlich immer barrierefrei. Bei der Wahl zwischen Stiege und Rolltreppe entscheide du was benutzt werden soll. Sicherer ist immer die nicht elektrische Variante, du kannst schließlich nicht wissen ob blinde Menschen Rolltreppen überhaupt benutzen können. Außerdem machen „die“ ja sowieso zu wenig Bewegung.

Die „Öffis“ – ein paar Grundregeln

In Bus, Bim und Bahn gibt es für behinderte Menschen gesonderte Sitzplätze, du kannst dich dort aber ruhig niederlassen, wenn ein anderer Sitzplatz frei ist. Diese Plätze bieten keine barrierefreien Grundzüge, sie sind rein zufällig gewählt. Blinde und sehbehinderte Menschen müssen aber jedenfalls sitzen, andernfalls würden sie die anderen Öffi-NutzerInnen gefährden. Sollte jemand mit Blindenstock zum Beispiel an der Tür stehen bleiben, dann rufe zuerst dass „hier eh ein Platz frei ist“ und wenn sich die Person nicht schnell genug bewegt, ziehe/schiebe sie dort hin. Hier solltest du auch einen möglichst festen Griff anwenden, da sonst die Sturzgefahr zu groß ist. Wenn Schienbein oder Knie an der Sitzfläche anstoßen ist der Platz gefunden. Manchmal kann es aber auch hilfreich sein, die Person noch an der Schulter hinunter zu drücken, damit auch das Hinterteil die Sitzfläche findet. Dabei rufst du am besten allen anderen Mitfahrenden zu, dass sie aus dem Weg gehen sollen, weil du gerade „dem Blinden“/“der Blinden“ hilfst. Ein- und Aussteigen sollten blinde Menschen übrigens nicht selbstständig. Eine leichte Person kannst du einfach hinaus oder hinein heben, bei „gewichtigeren“ Menschen fordere die Hilfe von zwei bis drei weiteren kräftigen Leuten an und hebt sie gemeinsam wie einen Kinderwagen durch die Tür.

Im Auto

Solltest du einen besonders guten Tag haben und eine blinde Person mit deinem Auto transportieren wollen, dann kannst du damit rechnen, dass sie weiß, wie hoch der PKW ist. Die Gefahr sich den Kopf zu stoßen ist also nicht gegeben. Das Anschnallen übernimmst du aber bitte selbst, da blinde Menschen ja nicht sehen wo sie den Gurt hernehmen oder einstecken müssen.

Richtungshinweise

Von Entfernungsangaben, der Uhr, „links“ oder „rechts“ haben blinde Menschen keinen Begriff. Wenn du also auf etwas hinweisen willst, dann verwende deine Hände und Finger um hinzuzeigen. Auch Augenzeichen kann die blinde Person gut deuten. Solltest du doch lieber mit Worten helfen, genügen Ausdrücke wie „hier“, „dort“ oder „da“. Deutlicher kannst du wirklich nicht darauf hinweisen, wo die Unterschrift hingehört oder der Eingang des Supermarktes ist – ein bisschen mitdenken ist ja nicht zu viel verlangt.

Auf der Suche nach der Jacke

In Warteräumen, Restaurants, Zügen, oder Caféhäusern kannst du blinden Menschen ruhig Jacke oder Tasche abnehmen und an die Garderobe hängen. Du musst aber nicht erwähnen wo du sie hingehängt hast. Für deine eingesetzte Zeit bekommst du dann sogar ein unterhaltsames Programm geboten. Beobachte wie die blinde Person beim minutenlangen Aufsuchen ihrer Sachen. Besonders amüsant ist es, wenn in der Zwischenzeit ein paar ähnliche Gegenstände dazu gekommen sind.

Mitleid ist gefragt

Blinde Menschen sind grundsätzlich zu bemitleiden. Mit diesem Manko ist es ja praktisch unmöglich zu leben! Eine 24-Stunden-Pflege wäre nötig, doch der Staat bezahlt nicht. Also sind blinde Menschen auf sich gestellt und somit immer auf deine Hilfe angewiesen. Wenn du also eine blinde Person führst, erwähne so oft wie möglich, wie arm sie ist oder dass sie keine Perspektive hat (wie denn auch ohne sehen zu können?). Damit zu leben ist eigentlich ein Grund sich umzubringen, es ist doch alles furchtbar. Du wirst sehen, die blinde Person freut sich über dein Bedauern und fühlt sich danach bestimmt gut aufgehoben. Blinde Menschen erzählen auch gerne von ihrem Leid, also kannst du auch gerne alle Fragen stellen, die dir einfallen. „Warum bist du eigentlich blind?“, „Wie kann man da auf‘s Klo gehen oder sich anziehen?“ oder „Kannst du eigentlich lesen?“ sind nur ein paar Beispiele. Idealerweise sprichst du dabei besonders laut und in der Baby-Sprache, damit du verstanden wirst. Leider kommt es immer wieder vor, dass du mit dreisten und unhöflichen Antworten wie „Ich bin zwar blind aber nicht blöd!“ oder Ähnlichem rechnen musst. Auch hier solltest du die Hilfsleistung abbrechen und die Liste mit Beschimpfungen hervor holen.

Augen zuhalten fällt weg

Hast du mal eine blinde Person kennen gelernt? Wenn du diese nach ein paar Wochen/Monaten/Jahren wieder siehst, kannst du das „Wer bin ich?“-Ratespiel ganz einfach ohne das Augen zuhalten spielen. Es reicht wenn du kurz auf die Schulter tippst und deine Frage stellst. Dieses Spiel mögen alle blinden Menschen besonders gerne. Wenn du nicht erkannt wirst, solltest du deine Enttäuschung zum Ausdruck bringen. Schließlich müssen „die“ doch ein super Stimmen-Gedächtnis haben. Außerdem wirst du dann wenigstens beim nächsten „Wer bin ich?“ erkannt.

Bevormundung

Wie schon in vorgehenden Kapiteln beschrieben sind blinde Menschen unmündig. Solltest du also auf eine blinde Person treffen, die am Arm einer sehenden hängt, dann sprich bitte grundsätzlich nur mit der Begleitung. Dies sollte auf jeden Fall immer in der 3. Person erfolgen, eine direkte Ansprache, vielleicht sogar mit dem Namen, könnte einen Schock auslösen. Die Begleitung weiß mit Sicherheit besser was der Anhang möchte. So kannst du außerdem sicher gehen, dass du nicht in die Lage kommst dieser Person bei einem Wiedersehen selbst helfen zu müssen. Schließlich ist dafür ja die Begleitung da und wenn sie nicht mit ist, dann ist „der/die Blinde“ selbst Schuld.

Einfach weggehen

Das praktische bei blinden Menschen ist, dass du einfach gehen kannst, wenn du keine Lust mehr hast mit ihnen zu reden. Besonders geeignet ist dafür eine laute Umgebung wie Straßenlärm, ein lautes Lokal oder eine Veranstaltung mit vielen Menschen und Stimmen. Wenn du leise genug bist, funktioniert das aber natürlich auch einem ruhigeren Ort. Für eine blinde Person ist es besonders erheiternd nach dem eigenen Gesprächsbeitrag zu merken, dass sie mit der Wand oder dem Regal gesprochen hat. Sollte es ausnahmsweise interessant sein, was die Person zu sagen hat, dann reagiere im Gespräch mit deiner Mimik. Ein Kopfnicken oder Lächeln ist für blinde Menschen ein wertvoller Beitrag zur Konversation.

Entscheidungen treffen

Beim Einkaufen benötigen blinde und sehbehinderte Menschen selbstverständlich auch Hilfe. Wenn du also in die Situation kommst in der eine blinde Person im Supermarkt neben dir hilflos in den Regalen herum tastet, kannst du einfach die Auswahl treffen, und sie ihr in die Hand drücken oder in den Einkaufswagen legen. Bei Kleidung triffst ebenfalls du die Entscheidung, blinde Menschen sehen letztlich nicht was sie tragen und von Farben haben sie absolut keine Ahnung. An der Kassa kannst du behilflich sein indem du in die fremde Brieftasche greifst und die, für eine blinde Person quasi unmögliche, Aufgabe der Geldübergabe selbst erledigst. Geldscheine und Münzen können von blinden Menschen nicht unterschieden werden, also erweist du ihnen damit einen großen Dienst.

Wo ist die Toilette?

Es kann vorkommen, dass dich eine blinde Person fragt wo das nächste WC ist. Dass das für dich sehr unangenehm ist, ist verständlich, also solltest du zuerst lautstark klar machen, dass du es eine Frechheit findest, dass sie die Toilette nicht selbst findet. Sei ehrlich und bekunde deinen Argwohn. Manchmal kommst du aus der Situation aber nicht heraus. Dann ist es notwendig die blinde Person bis zur Kloschüssel zu begleiten. Die Hose solltest du mindestens noch aufmachen, da ein Reisverschluss nicht einfach ertastet werden kann.

Schreiben und Lesen übernehmen

Wie bereits erwähnt können blinde Menschen weder Lesen noch Schreiben. Deshalb kann es vorkommen, dass du etwas vorlesen musst. Gerade bei privaten, aber auch allen anderen Niederschriften ist es am effektivsten wenn du zuerst selbst liest und der blinden Person anschließend eine Zusammenfassung gibst und enthalte dich dabei keinesfalls deiner persönlichen Hinweise zum Gelesenen. Details, wie etwa Kontostände, der Name der neu geborenen Nichte oder eine genaue Diagnose eines Befundes überfordern blinde Menschen. Wenn eine blinde Person so ungeniert ist und dich bittet etwas aus einer Zeitung oder einem Magazin vorzulesen, lies nur das was dich selbst interessiert, andere Informationen sind im Grunde genommen nicht relevant. Und außerdem: Was hättest du denn sonst davon?

Räumlichkeiten mit blinden Menschen teilen

Sehbehinderte Menschen sind in der Regel sehr faul, haben selten Lust etwas zu suchen und sind, wie weiter oben schon erwähnt, von mäßiger Intelligenz. Das Sprichwort „Nur das Genie beherrscht das Chaos“ ist hier also hinfällig. Wenn du mit einem blinden Menschen zusammen wohnst oder arbeitest, brauchst du aber im Grunde nicht viel beachten. Solltest du einmal Abwechslung beim Lernen oder eine amüsante Auszeit von der anstrengenden Arbeit benötigen, lasse einfach hie und da eine Tür, Schublade oder ein Fenster weit offen stehen. Aber Achtung: Durch die regelmäßigen Beulen, blauen Flecken und Platzwunden wird die blinde Arbeitskollegin oder der sehbehinderte Mitbewohner vorsichtiger werden. Um dem Sprichwort „Scherben bringen Glück“ gerecht zu werden kannst du Gegenstände aus Glas dort abstellen, wo die blinde Person sicher vorbei kommt. Mit einem Fußbad im Putzkübel, der weder ausgeleert noch weggeräumt wurde, bringst du das Wellness-Center direkt in die Küche. Auf Besuch bei blinden Menschen, stelle deinen Koffer in die Mitte des Raumes, dort kann er mit dem Blindenstock gut erfasst werden. Wichtig ist, dass du nie mitteilst wo du Dinge hinlegst, damit die blinde Person ihren Grips ein wenig anstrengen muss, dadurch erspart sie sich weiteres Gehirnjogging.

Tipps für Krankenhauspersonal

Auch blinde und sehbehinderte Menschen verstehen, dass die Arbeit in einem Krankenhaus stressig ist. Wenn du zum Pflegepersonal gehörst, musst du beim Waschen nicht Kommunizieren, zieh die blinde Person einfach aus und erledige deinen Job. Das Essen kannst du, wie bei anderen nicht bettlägrigen PatientInnen am Tisch abstellen. Blinde Menschen haben einen guten Geruchssinn und finden ihr Essen selbstständig. Wenn die/der PatientIn das Tablett nicht angerührt hat, ist sie/er einfach nicht hungrig, du kannst es also wieder abservieren. Auch Medikamente können sie „erschnüffeln“, es ist also auch nicht nötig zu erwähnen wo du sie abgestellt hast. ÄrztInnen sollten Fragen grundsätzlich an die Begleitperson richten. Auch relevante medizinische Informationen solltest du dieser geben, damit du die arme blinde Person nicht überforderst. Und beachte auch hier, dass du am besten in der 3. Person über die blinde Person sprichst.

„Bei Ironie als einem Stilmittel bzw. einer rhetorischen Figur handelt es sich um eine besondere Form der Verstellung. Der Sprecher verstellt sich, indem er das Gegenteil dessen sagt, was er eigentlich meint, es aber so sagt, dass man dennoch begreift, was er meint.“

www.sarkasmus-ironie-zynismus.de

Viel Vergnügen beim selbst weiterdenken 🙂